Backnanger Gschichdla

Ich bin in Backnang geboren, in Backnang aufgewachsen und lebe immer in Backnang. Die Liebe zu meiner Heimatstadt hat mich bewogen, kleine Geschichten von Backnang aufzuschreiben. Inzwischen gibt es drei Ausgaben: Backnanger Gschichdla, Neue Backnanger Gschichdla und Backnanger Gschichdla Nr. 3. Die Bändchen enthalten Geschichte, Geschichten, Anekdoten, Humorvolles und Heiteres aus Backnang.
Einige Titel seien genannt: Eva von Steinheim, die älteste Würtenberger, gelebt vor ca. 250.000 Jahren. Sie stammt möglicherweise aus Backnang. Dann Geschichtchen über den früheren Oberbürgermeister Dr. Walter Baumgärtner, über Thomas Freitag, das legendäre Nachtlokal Rififi, Wolle Kriwanek, den Hammermörder Norbert Poehlke, die Schauspielerin Thekla Carola Wied, die Zorrobande, Franz Beckenbauer, Ralf Rangnick, Werner Veidt, Anna-Maria Robitschek, den Weltenbummler Fred Glasbrenner und den legendären Rosenwirt Eugen Hammer. Und viele Geschichten mehr.


Die Gschichdla Nummer 2 und 3 können beim Herausgeber Heiner Kirschmer bestellt werden.
Telefon 0173 253 4410 oder per E-Mail heiner.kirschmer@ gmx.de

 


 
Einige Kostproben Eva von Steinheim – eine Backnangerin ? Stammt Eva (fiktiver Name) von Steinheim, die älteste Frau Württembergs aus Backnang? Im Jahre 1933 wurde in Steinheim in den Schottern der Murr ein menschlicher Schädel aufgefunden. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass der Schädel von einer jungen Frau stammt, die vor rund 250.000 Jahren gelebt hat. Da der Schädel ein Loch hatte, nahm man an, dass sie erschlagen wurde. Neuere Untersuchungen durch den renommierten Anthropologen Professor Dr. Joachim Wahl und Hans Günter König, Physiker am ehemaligen Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Tübingen haben jedoch ergeben, dass die Verletzungen durch einen Transport in der Murr entstanden sind. Neugierig wie ich bin, habe ich mit Professor Wahl telefoniert und fragte nach der Länge der Transportstrecke des Schädels in der Murr. Er meinte, aufgrund der Abrundung am Schädel hätte die Dame eine längere Strecke im Wasser zurückgelegt. Auf meine weitere Frage, ob sie in Backnang ins Wasser gefallen sein könnte, meinte der hoch anerkannte Wissenschaftler, dass dies nicht vollkommen ausgeschlossen werden könnte. Ein Nachweis kann mit den heutigen Erkenntnissen leider nicht erbracht werden. Glauben wir daran, dass sie in Backnang gehaust hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
 
Erinnerungen an Dr. Walter Baumgärtner (Ober-)Bürgermeister der Stadt Backnang von 1946–1966 Aufgeschrieben von Karl-Heinrich Lebherz; Mitarbeiter der Stadt Backnang von 1957–1963, Oberbürgermeister von Winnenden von 1978–1994
Die Autofahrt Eine Kreuzung in der Backnanger Innenstadt.
Akteure: OB Dr. Walter Baumgärtner (als Fahrer seines Mercedes), „Hellesle“ sein Hund auf dem rechten Beifahrersitz (auch 1. Beigeordneter der Stadt Backnang genannt), ein Kollege im Fond, ein Autofahrer.
Szene: OB fährt über ein Stoppschild, ohne einen vorfahrtberechtigten Wagen zu beachten. Bremsen quietschen; anderer Fahrer zeigt OB den Vogel und schimpft mächtig. Reaktion des Gescholtenen: Aber Hellesle, was isch denn des für ein Nachtwächter? Kennt denn der mich net?
Das Konzert Bahnhofhotel Backnang. Akteure: Stuttgarter Philharmoniker, „Hellesle“ und OB Dr. Walter Baumgärtner
Szene: Stuttgarter Philharmoniker wollen Beethoven spielen. Dirigent hebt im vollbesetzten Saal den Taktstock. Die ersten Töne erklingen. Hellesle stört die Musik mit OB mit „Hellesle“ einem kräftigen „Wau“. Der Dirigent klopft ab und schickt einen strafenden Blick zu Hellesle und dem OB. OB zu Hellesle: „Hel-lesle, jetzt musch du aber ruhig sei, sonst wird der Onkel dort droben bös!“ Orchester beginnt zum zweiten Mal, wieder stört Hellesle die Musik mit einem kräftigen, doppelten „Wau-wau“. OB wird von allen Seiten mit strafenden Blicken und einem unüberhörbaren Zischen im Publikum bedacht; er ruft nach dem Hausmeister. Dieser kommt, übernimmt Hellesle und sperrt ihn in einen separaten Raum. Kommentar des OB: „Die Musik ist vielleicht doch nex fürs Hellesle.“ (Die anschließende Leserbriefkampagne in der Backnanger Kreiszeitung setzte dem OB mächtig zu; er verzichtete deshalb einige Zeit auf gemeinsame Auftritte mit Hellesle.) Das Toilettenpapier Offene Toilettentür im 1. Stock des Rathauses. Akteure: OB Dr. Baumgärtner und ein herbeigerufener Hausmeister
Szene: OB (in gebückter Haltung mit mühsam zusammengehaltener Hose) ruft lauthals: „Gottlieb (Scheib) breng mir schnell a Roll‘ Klopapier. I‘ glaub’ dia hen ihren Hintera zuletscht mit dr Fauscht butzt!“
Die neue Freundin Es war Montagmorgen. Dr. Baumgärtner kam gut gelaunt aus dem Wochenende. Seine Fußballer hatten gewonnen; die TSG war neuer Tabellenführer und zuhause hatte sein (Stief)Sohn seine neue Freundin in die Familie eingeführt. Der OB war von der jungen Frau total begeistert. „Was moinet ihr, was die hot?“ stellte er eine Frage in den Raum um gleich die Antwort hinter-herzuschieben: „Die hot Fiass bis do nuff “ und deutete dabei mit der Hand die Höhe seines Bauchnabels an.
Die gnädige Frau Dr. Baumgärtner war sehr volksnah. Beim Gang durch die Stadt grüßte er nach allen Seiten (Kommentar eines Mitarbeiters: Der grüßt sogar jeden Kanaldeckel, es könnte ja jemand darunter sitzen). Sehr gerne wechselte er auch ein paar Worte mit Passanten, so auch diesmal in der Marktstraße mit einer hübschen jungen Dame: „Ja wie geht’s denn, liebe gnädige Frau, ich hab‘ Sie ja schon so lange nicht mehr gesehen, Sie habet sich ja gar net verändert. Was macht denn Ihr Mann, wie geht’s dorhoim. Geht’s Gschäft hoffentlich immer gut. Ja so ein Zufall, dass wir uns heute treffet, gell des freut uns“ um sich dann völlig atemlos zu seinem hinter ihm stehenden Mitarbeiter umzudrehen und halblaut zu fragen: „Heiner, helf mir amol, wie hoißt denn des Weib?“

 

 

Ohne Loch keine Fahrt

 

Ach, was hatten wir doch bis zum Abbruch 1973 so einen schönen, einladenden, mit roten Ziegeln kunstvoll gemauerten gemütlichen Bahnhof in Backnang.

Wer verreisen wollte, ging zum Schalter, kaufte eine Fahrkarte, die mit dieser zum Billettkontrolleur, der sie mit einer Loch Zange durchstach und dann den Durchgang durch die Sperre zum Bahnsteig freigab.

Eines Tages hatte sich nur ein Fahrgast verspätet und als er sah, dass der Fahrdienstleiter mit roter Dienstkappe schon mit einem schrillen Ton aus der Pfeife seine Kelle erhob, um dem Dampflokführer das Zeichen zur Abfahrt zu geben, rannte er ohne Beachtung des Kontrolleurs durch die Sperre. Der Beamte wollte aber in gewisser Pflichterfüllung seine Existenzberechtigung nachweisen und rief: „Halt! Ohne Loch kann i koin fahre lasse!“

 

Thekla Carola Wied – Eine Liebesgeschichte

„Es gibt zwei Gründe, warum ich mich freue hier zu sein.“ Mit diesen Worten begann Thekla Carola Wied die literarisch-mu­sikalische Soiree im Bürgerhaus. Der erste: Es handelt sich um eine Premiere ihres Programms „Adieu mein Kind, ich drücke Dich braun und blau mein Herz“, zusammen mit dem Flötisten Willy Freivogel und dem Gitarristen Siggi Schwab. Den zweiten Grund formulierte die Schauspielerin so. „Genau vor 15 Jahren, in diesem Bürgerhaus hat ein Berliner Topf seinen schwäbischen Deckel gefunden.“ Damals lernte Thekla Carola Wied bei einer Lesung Backnangs OB Hannes Rieckhoff kennen, mit dem sie seit 1992 verheiratet ist.

Sie haben sich Hals über Kopf ineinander verliebt. Aber nicht auf den ersten Blick an jenem Abend des 28. April 1991 während der Lesung im Backnang Bürgerhaus, als sich Hannes Rieckhoff, der

 

damalige Oberbürgermeister des schwäbischen Provinzstädt­chens, und die Schauspielerin Thekla Carola Wied zum ersten Mal trafen.

Aus dem Treffen an jenem 28. April 1991 wäre fast nichts ge­worden. Der Oberbürgermeister Rieckhoff wollte nach einem terminreichen Arbeitstag eigentlich gar nicht mehr zu der öf­fentlichen Lesung mit der ihm völlig unbekannten Frau Wied gehen. Doch seine Sekretärin nannte ihn einen Banausen, weil er mit dem Namen der Schauspielerin nichts anfangen konnte. Er müsse sich dort unbedingt sehen lassen, so die Order.

Er war sofort fasziniert von der Frau. Bei einem kurzen Gespräch nach der Veranstaltung im Bürgerhaus zeigte sich der Stadtchef von einer entwaffnenden Offenheit und meinte stolz, dass er immerhin ein halbes Jahr jünger sei als sie. „Das war schon ein bisschen frech, seinen Humor und seine Ironie haben mir aber gefallen“, sagt die Schauspielerin und lacht schallend, wie man es aus ihren Filmen kennt. Dieser Mann habe in ihr damals eine kleine Neugier geweckt. Zurück zu den Dreharbeiten in Berlin habe sie Rieckhoff jedoch recht bald wieder vergessen.

Dann kam ein Brief nach Berlin:

Stadt Backnang

Oberbürgermeister

7150 Backnang, 29.4.1991

Sehr verehrte, liebe Frau Wied,

an jenem Abend in der schwäbischen Provinz, wo die

durchaus wohlmeinenden Menschen auch zwischen

den Sätzen der Sonate klatschen, hätte ich mich gerne

länger mit Ihnen unterhalten. Ich hoffe übrigens,

dass Sie mir den Hinweis auf unseren gemeinsamen

Jahrgang 1944 nicht übel genommen haben!

Aus irgendeinem Grund fand ich es angenehm,

dass wir gleich jung oder von mir aus auch gleich alt sind.

 

 

Ehepaar Thekla Carola Wied / Hannes Rieckhoff

Ich bin auch sehr zufrieden damit, dass ich offenbar

zur seltenen Spezies derer gehöre, die Sie nicht gekannt

haben. Vielleicht besitzen Sie das Bändchen

mit den Li-Tai-Pe-Nachdichtungen schon. Es war,

wie gesagt, meine erste Begegnung mit Klabund.

Als ich es las, waren wir beide sechzehn!

Ich fände es schön, Sie wiederzusehen.
Ihr Hannes Rieckhoff

Thekla Carola Wied antwortet:

Hotel Residenz Berlin,
5.5.1991

Sehr geehrter Herr Rieckhoff!

Ihr liebenswerter Gruß aus Backnang hat Freude und Überraschung ausgelöst. Seien Sie herzlichst für den Li Tai Pe bedankt, ich besitze ihn nicht. Ist es nun dem OB von Backnang anzulasten, dass seine begeisterungsfähigen Mitbürger in ihrem musikalischen Eifer jeden Satz beklatschen?? Sollte da etwa eine kulturelle – konzertbezogene Aufklärungsarbeit verabsäumt worden sein?

Wahrscheinlich. Was bei der Jugend dieses OB gar kein Wunder wäre! Fehlt es ihm vielleicht noch an Erfahrung und Praxis? Da er ja so jung bzw. alt ist wie ich es bin, vermag ich zu beurteilen, wie viel man noch lernen muss, um weiterhin dieselben Fehler zu machen. Im Übrigen ist mir auch völlig klar, welche Gefahr es für mich bedeutet, überhaupt mit Ihnen zu korrespondieren: Mit einem frühreifen 16-jährigen, der sich in diesem zarten Alter schon mit chinesischer Lyrik beschäftigte, während ich verstohlen nur Maupassant, Flaubert, Zola und Micky Maus las. Spricht man nicht immer von den Folgen der frühkindlichen Erlebniswelt? Nun gut. - Sie fänden es schön, mich wiederzusehen - nicht als Frage formuliert, sondern als emotionale Äußerung, die ich ebenso emotional mit einer Frage beantworte: Warum denn nicht?

Es grüßt Sie herzlich -

mit der gebotenen Zurückhaltung -

Ihre Thekla C. Wied

Von 1986–1994 war Hannes Rieckhoff Oberbürgermeister von Backnang.1992 heiraten die beiden in Meersburg. Heute leben sie in München.

In Ihrer Backnanger Zeit ist Thekla Carola Wied regelmäßig im Plattenwald spazieren gegangen und hat ihre Texte für Ihre Fern­sehrollen auswendig gelernt. Zur Erinnerung an diese Zeit hat sie eine Lärche gepflanzt. Auf einer Tafel steht:

Europäische Lärche (Larix decidna)

in freundschaftlicher Verbundenheit mit der Stadt Backnang

gepflanzt von Thekla Carola Wied im Herbst 1994.

 

 

 

 

 

 

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